Dienstag, 23. September 2014

Der Bromo - Wo sich Himmel und Hölle verbinden



Auch heute heißt es wieder früh aufstehen. Um halb drei brechen wir auf und wandern entlang der Abbruchkante hinüber zum Aussichtspunkt „Penanjakan“, der uns heute das Kalendermotiv vom Bromo und seinen rauchenden Brüdern bieten soll. Wir sind die ersten, die sich auf den Weg gemacht haben. Nur bellende Hunde, gackernde Hühner und ab und zu das Wiehern eines Pferdes, das schon bereitgemacht wird, die Touristen durch das Sandmeer zu tragen. Als der goldene Rand des ersten Tageslichts am Horizont erscheint, tauchen die gefurchten Kegel der Vulkane aus dem Dunkel auf. Die dünne Fahne des Semeru (3676m) ist die erste, die im Licht der Sonne errötet, schon lange bevor uns die Sonnenstrahlen erreichen. Im Vordergrund schmaucht der graue Aschekegel des Bromo vor sich hin und nimmt ein morgendliches Bad im Meer aus weißen Nebelschleiern. Als diese sich nach und nach heben, geben sie den Blick auf das Asche-Sandmeer frei, das dem Bromo seit seinem letzten Ausbruch zu Füßen liegt.



Der Krater öffnet sich vor unseren Augen wie ein alles verschlingender Trichter. Weiß wallt uns der schwefelige Wasserdampf entgegen, der sich der Gravitation der Tiefe entzieht und dabei dröhnt und faucht wie ein überdimensionaler Druckkochtopf.
Die Besucher werfen Blumen und Essensgaben in den Krater, in der Absicht, die Feuergottheit friedlich zu stimmen. Aber auch Geldscheine flattern im aufsteigenden Schwefelwind. In den fast senkrechten Wänden vollführen einige Männer halsbrecherische Kletteraktionen, um an die Opfergaben zu gelangen. Ein entwürdigendes Schauspiel! Ich bringe es nicht übers Herz, mein Blumensträußchen hinabzuwerfen, aus lauter Angst, einer der armen Bettelgestalten könnte beim Versuch, es zu erwischen, in den Abgrund stürzen. So lege ich es auf ein kleines Podest, in der Hoffnung, einer von ihnen werde es sich schon holen, um es dann wieder einem Besucher zu verkaufen. Es stellt sich allerdings heraus, dass dies einfach gar nicht geht. Ein zerlumptes Männchen klettert zu mir heraus und fordert mich auf, doch endlich meine Blumen in den Höllenschlund zu werfen. Wir sind und bleiben hier ganz einfach nur Fremde – Fremde, die vieles nicht erfassen können und vieles nicht verstehen. Ein Mensch, in der denkbar elendsten Lebenssituation, fordert mich auf, die Götter zu ehren und um ihren Beistand zu bitten. Der Bromokrater – ein Ort, an dem sich auf zweifache Art Himmel und Hölle verbinden:  im Krater, der seinen Schwefelatem hinauf in den Himmel schickt, und dann, im Blick des Mannes, der meine Blumen erst annehmen kann, wenn sie den Göttern geopfert sind.

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