Samstag, 11. Oktober 2014

Selamat datang Bali





Kecak Kecak Cak a Cak – der feurige Abschied von Bali

An der südwestlichen Spitze der Bukit-Halbinsel erhebt sich auf einer steilen Klippe, 100 Meter über dem tosenden Ozean, der kleine, aber höchst bedeutsame Tempel Pura Luhur Uluwatu, der Shiwa und Dewi Danu, der Schutzgöttin des Meeres geweiht ist. Das Amphitheater hoch auf den Klippen ist wohl der beste Aufführungsort für den feurigen Kecaktanz.


Der Kecak ist ein balinesisches Tanzdrama, bei dem sich ungefähr 60 männliche, mit einem schwarz-weiß-rot karierten Sarong bekleidete Tänzer rund um eine Öllampe in einen tranceartigen Zustand versetzen. Mit reich geschmückten Darstellern wird das indische Epos Ramayana aufgeführt. Der Zeitpunkt der Vorführung ist so gewählt, dass zeitgleich die Sonne im Meer versinkt und somit das rotglühende Licht das perfekte Bühnenbild liefert. Die Tänzer bilden sitzend oder stehend einen Kreis und verkörpern das mythologische Affenheer, die Helfer des Prinzen Rama. Mit wechselndem Tempo und Lautstärke rufen sie „Kecak Kecak Cak-a-Cak“ während sie mit Armen und Händen beschwörende Bewegungen ausführen. Der monotone Sprechrhythmus aus Explosivlauten legt sich als knatternder Klangteppich unter das Geschehen auf der Bühne, polyrhythmische Beschwörungsformeln, die ganz wesentlich zu dem weltentrückten Eindruck des Tanzes beitragen.



Dienstag, 7. Oktober 2014

Auf dem Weg zum göttlichen Feuer

Tempelzeremonien in Bali







Landschaftsarchitektur in Vollendung

Die Reisterrassen von Jatiluwih sind das älteste Anbau- und Bewässerungssystem von Bali und zählen nicht ohne Grund zum UNESCO-Weltkulturerbe. Der Name Jatiluwih heißt übersetzt „ergreifende Schönheit“ und das gilt für die saftig grünen Terrassen, die sich hier am Hang des Gunung Batukaru in die steilen Schluchten hinunterziehen, allemal. Hier kann man auf schmalen Wegen durch die amphibische Welt aus schwingenden Gräsern und glitzernden Bewässerungsläufen wandern. Wir schauen den Bauern dabei zu, wie sie ihre Arbeiten auf den Feldern verrichten. Kleine Schreine mit Opfergaben für die Reisgöttin Dewi Sri zeigen die Besitzgrenzen an, in den Unterständen rasten die zierlichen Kühe der Bauern. Die Sonne zaubert Sonnenflecken auf das intensive Grün, die wie Scheinwerfer den Schwung der Terrassen beleuchten. Wie Muster eines Kleides liegen die parallelen Linien auf der Landschaft, geschmeidig im Faltenwurf und von strahlender Leuchtkraft.


Das Quellheiligtum Tirta Empul

Einer der Höhepunkte unserer Reise ist das Quellheiligtum Pura Tirta Empul. Hier haben wir die Möglichkeit, an dem nur einmal im Jahr stattfindenden Odalan teilzunehmen. Um die kalte Quelle des Pakerisan-Flusses hat man einen Tempel errichtet, aus dem das kühle Bergwasser über Stufen in mehrere steinerne Badebecken fließt. Die Quelle wird wohl von einem der großen Vulkane der Umgebung gespeist. Die Einheimischen glauben an die Heilkräfte des Wassers und besuchen die Quelle zu Reinigunszeremonien für Körper, Seele und Geist.
Schon beim Anstellen vor dem kleinen Einlass zum Badebereich wird uns klar, dass das heute kein Kurzbesuch werden wird. Wir haben extra Sarongs ausgeliehen, die auch nass werden dürfen, und mit der Eintrittsgebühr rote Kärtchen bekommen, damit erkennbar ist, wann wir hinein dürfen. Der Ansturm der Pilger ist nämlich so groß, dass eine „Blockabfertigung“ notwendig ist. Eine ganze Stunde braten wir in der unbarmherzigen Sonne, eingepfercht zwischen den drängelnden Wartenden. Da die wenigen anderen Westler alle irgendwann aufgeben, sind wir schließlich zuletzt die einzigen „Ungläubigen“, die endlich in den Badebereich vordringen. Hier trifft uns fast der Schlag! Vor uns liegt das heilige Becken mit den Fontänen und darin bilden die Badenden eine sich 6 mal windende Warteschlange im Wasser!!! Der Anblick ist unbeschreiblich. Schnell, schnell hinein mit uns, denn augenblicklich stürzen sich die eben Eingelassenen in das kühle Nass und schließen sich der Reihe aus schlotternden Menschenleibern an. Wir haben also gar keine Zeit, lange nachzudenken, denn einmal drinnen, gibt es kein Entkommen mehr, und wir sind zwei von den ungefähr 400 Pilgern im Becken! Die Einheimischen haben einen unglaublichen Spaß mit uns und freuen sich schon tierisch darauf, uns bei der für sie eiskalten Quelle zu beobachten. Während ihnen die Zähne nur so klappern, sind wir froh, der Hitze beim Anstellen entkommen zu sein. 


Um den exotischen Eindruck noch zu verstärken, entdecken wir, dass inmitten der Haut an Haut Wartenden nicht nur die Blüten der Gebetsblumen schwimmen sondern auch riesige Kois! Bei der Reinigung selbst machen wir alles so, wie es uns gezeigt wird: eine Blüte aus den Gebetskörbchen zupfen, kurz über das Räucherstäbchen halten, dann zwischen die Fingerspitzen nehmen, die Hände zum Gebet falten und auf Stirnhöhe heben. Beten natürlich nicht vergessen! Dann die Blüte hinter ein Ohr klemmen und den Kopf dreimal unter die Fontäne halten, einen Schluck Wasser trinken und weiter zur nächsten Fontäne. 


Nachdem wir uns trockengelegt haben und in neue Sarongs gekleidet sind, dürfen wir noch in das Allerheiligste des Tempels und an dem priesterlichen Gebet teilnehmen.
Zuletzt kommen wir in den Bereich des Tempels, in dem die Opfergaben zubereitet werden: sehr hübsch, die festlich gekleideten Frauen beim Binden, Knüpfen und Nähen der Blumenkörbchen und etwas erschreckend die Männer im Nebenraum, die Kokosschalen mit blutgetränktem Reis und zermahlenem Fleisch befüllen. Die eben erst getöteten Hähnchen, die hier als Blutopfer herhalten müssen, liegen daneben am Boden und die erbarmungswürdigen noch lebenden drängeln sich aufgeregt in den Käfigen.
All dieser Aufwand für das Seelenheil der Menschen, deren gesamtes Leben so absolut dem Jenseitigen zugewendet ist!

Die Mutter aller Tempel

An den Flanken des Gunung Agung, in 959 Metern Höhe liegt mit Pura Besakih die größte Tempelanlage des Landes. Die Ursprünge gehen auf ein prähinduistisches Terrassenheiligtum des frühen 11. Jds. zurück, in dem, wie Inschriften belegen, shivaistische Zeremonien abgehalten und die Vulkangottheiten verehrt wurden. Jahrhundertelang wurde die Tempelanlage erweitert bis sie 200 Bauwerke umfasste. Jedes ehemalige Königshaus, jeder Familienclan und jede Berufsgruppe ist hier mit einem eigenen Tempel vertreten. Zusätzlich zu dem, wie in allen Tempeln, einmal im Jahr stattfindenden Tempelfest, Odalan genannt, begeht man hier alle 100 Jahre die Eka-Dasa-Rudra-Zeremonie, das größte aller balinesischen Opferrituale, dessen Ziel die Reinigung des Universums ist. Alle Vulkangötter steigen zu diesem Anlass vom Heiligen Berg herab und wohnen in den Schreinen von Besakih. Tatsächlich scheinen die Götter ihre wichtigste Wohnstatt auf Bali zu schützen. Als im Jahr 1963 die Vorbereitungen zu dem Fest voll im Gange waren, brach der Vulkan aus. Die Katastrophe forderte mehr als 2000 Todesopfer, 300000 Menschen verloren ihr Zuhause. Diejenigen, die im Tempel vor den Lavaströmen Schutz suchten, wurden wie durch ein Wunder gerettet, da sich knapp oberhalb der Feuerstrom teilte und den Tempel zu beiden Seiten umfloss.

Auch heute, bei unserem Besuch schläft der Vulkan und hüllt sich gegen Mittag friedlich in eine Wolkenhaube. Nicht ganz ungestört (ständig sollen wir eine Donation hinterlassen) streifen wir durch das riesige Areal und bestaunen die zahlreichen Meruh, die wie ein Wald aus schwarzen Türmchen vor dem heiligen Berg stehen. Von ganz oben gelegenen Pura Pangubengan überblicken wir das gesamte Land ringsum und folgen dem versteinerten Blick der zwei Naga, die sich vom Tempel herunterschlängeln.


Affen unter Affen

Wer ist hier der Affe? Das fragt man sich angesichts des unheiligen Benehmens der Touristen im heiligen Monkey Forest von Ubud. Kein Wunder also, dass so manches der bis zu 10 Kilo schweren Makakenmännchen ausrastet oder eines der Muttertiere fauchend sein um den Bauch geschnalltes Junges in Sicherheit bringt. Richtig unangenehm werden die Affen allerdings dann, wenn sie eine Chance wittern, als Diebsgesindel erfolgreich zu sein. Nichts ist vor ihnen sicher, und sie scheuen sich auch nicht, auf den Menschen hoch zu klettern, um die Rucksäcke zu durchsuchen.

 
 

Mittwoch, 1. Oktober 2014

Von altbalinesischem Zauber und heiligen Fledermäusen

Abgeschieden in dichten Wäldern liegt das Dorf Tenganan, das von einer kleinen Lebensgemeinschaft der Bali Aga bewohnt wird. Dieses Volk führt seine aristokratische Herkunft auf die Zeit der Bedulu-Könige im 10. bis 14. Jh. zurück und gibt sogar Indra, den Götterkönig selbst, als seinen Stammesvater an. Über Jahrhunderte mieden die Bali Aga den Kontakt mit der Außenwelt und heirateten untereinander. Sie gelten als vermögend, verpachten ihre Felder und verrichten selbst, soweit möglich, keine schwere, körperliche Arbeit, um Zeit zu haben für ihre umfangreichen, spirituellen Tätigkeiten.  Die Hauptstraße des Ortes verläuft in der Achse vom Meer zum göttlichen Berg Gunung Agung.
Als wir das Dorf erreichen, werden wir von einem jungen Mann ohne Umwege in einen prunkvollen Raum geführt, wo uns die berühmte Ikat-Weberei des Dorfes gezeigt wird. Die übrigen Balinesen haben für die Bali Aga zwar nur ein mitleidiges Lächeln über, aber an der magischen Kraft des „Kamben Geringsing“ besteht inselweit kein Zweifel. Hierbei handelt es sich um im Doppelikat-Verfahren gefertigte rituelle Tücher, deren Herstellung im Geheimen und nur zu bestimmten, mythologisch festgelegten Tagen erfolgt.



Sowohl Kett- als auch Schussfäden sind eingefärbt, wobei die verwendeten Farben für die Trinität des einen Gottes stehen: Rot für Brahma (Feuer), Schwarz für Vishnu (Wasser) und Weiß für Shiwa (Wind).  Die Methode der Fertigung besteht darin, dass Abschnitte der Kett- und Schussfäden vor dem Färben bündelweise mit Bast umwickelt werden, damit diese nach dem Färben ihre ursprüngliche Farbe behalten. Bis zur Fertigstellung eines Kamben Geringsing können bis zu 5 Jahre vergehen. Die häufig zu beobachtenden, kleinen Löcher sind kein Mottenfraß, sondern Teil des spirituellen Einsatzes dieser Textilien. Fragmente werden von den Tüchern geschnitten, gekocht und anschließend wird die Flüssigkeit als Medizin getrunken.


Besonders schön sind auch die ebenso im Ort gefertigten "Lontar" genannten Palmblattmanuskripte. Zur Herstellung von Lontars werden die Blätter der Lontar-Palme getrocknet, in Stücke geschnitten und zusammen geklebt. Die Vorder- und Rückseiten der Lontars bestehen aus dünnen Täfelchen, auf die die heiligen Texte oder Bilder mit einem harten Stift geritzt werden.
In Tenganan sieht man, so wie in allen anderen Dörfern Balis, am Straßenrand und in den Gehöften prächtige, oft grellbunt gefärbte Hähne unter bienenkorbförmigen Bambuskäfigen. Diese eigens gezüchteten Kampfhähne sind der ganze Stolz ihrer Besitzer. Offiziell ist der Hahnenkampf verboten, aber als rituelles Blutopfer für das Gleichgewicht zwischen den positiven und den negativen Mächten ist er für Balinesen nach wie vor von großer Bedeutung. Er gewährleistet die Stabilität des Kosmos. Überdies hat die Regierung beim Verbot des Kampfes ihre Rechnung ohne die Wettleidenschaft der Balinesen gemacht. Nach wie vor finden in den Dörfern Hahnenkämpfe statt, oft auch mit blutigem Ausgang. Nicht selten verwetten die ausschließlich männlichen Zuschauer dabei Haus und Hof. Das Schicksal des unterlegenen Hahnes ist in jedem Fall besiegelt, denn wenn er den Kampfplatz lebendig verlässt, fällt er doch dem Besitzer des siegreichen Tieres zu und bereichert in der Folge dessen Speiseplan.
 

 

Das letzte Ziel unserer heutigen Besichtigungsfahrt führt uns zum Tempel Goa Lawah am Eingang der gleichnamigen, heiligen Fledermaushöhle. Tausende von Fruchtfledermäusen, eine kleinere Art der Flughunde, hängen in dicken Trauben rund um deren Eingang. Sie baumeln so dicht nebeneinander, dass es so aussieht, als sei der Felsen von einer kompakten Masse zappelnder Leiber überzogen. In der Vorstellung der Gläubigen soll sich die Höhle Goa Lawah bis zum gut 20 km entfernten Pura Besakih, am Fuße des Gunung Agung erstrecken und somit die Verbindung zwischen den kosmischen Gegenpolen Berg und Meer, bzw. Ober- und Unterwelt herstellen.






Gunung Batur - Volcano light

Der Gunung Batur ist zwar nur 1717 Meter hoch, und nach nicht einmal zwei Stunden Marsch steht man schon auf dem Gipfel, aber beeindruckend und sehenswert ist er auf alle Fälle - unser „Volcano light“ also, aber sicher kein Leichtgewicht.
Um den Sonnenaufgang am Gipfel zu erleben, müssen wir bereits um halb drei beim Hotel los. Da eine Besteigung ohne Guide nicht möglich ist (die Dorfgemeinschaft hat sich zusammengeschlossen und lässt sich die Verdienstmöglichkeit, die sich aus den Führungen ergibt, nicht entgehen), bleibt uns keine andere Möglichkeit, als uns den relativ einfachen Weg hinauf führen zu lassen. Eine resolute, junge Frau (ich nenne sie fortan Lady Batur) übernimmt uns und beginnt sofort damit, uns fast jeden Schritt vorzugeben. Ein weiteres Ärgernis ist der Umstand, dass wir es mit einer ziemlich übergewichtigen Matrone zu tun haben, die alle Augenblicke eine Pause braucht. Vorerst will sie uns nur zu einem Aussichtsplatz, mehr als 100 Meter unter dem Gipfel führen, aber da hat sie die Rechnung ohne uns gemacht. Natürlich muss sie auch noch den letzten, rutschigen Kniebeißer hoch. Dafür holt sie sich bei einem kleinen Tempelchen den Beistand der Götter. Wieder einer unserer herrlichen Sonnenaufgänge auf den Vulkanen Indonesiens! Als Frühstückssnak gibt es heißen Tee und grilled banana, die in einem fauchenden Erdloch am Kraterrand zubereitet worden sind, mit dem inneren Feuer unserer Erde sozusagen! Hier in diesem Erdwärmeofen werden auch Eier gekocht und anschließend von den Wanderern verspeist.


Wir sind als bergtauglich eingestuft worden, und dürfen nun sogar den Krater in luftiger Höhe umrunden, eine tolle Gratwanderung mit schönen Tiefblicken. Auf der gegenüberliegenden Seite sieht man auf die jüngsten Lavaergüsse hinunter, die in den 60er Jahren, 1974 und zuletzt im Jahr 2000 beträchtliche Schäden verursachten und viele Menschenleben kosteten. Heute hat man die Bewohner rund um den Vulkan aus der Gefahrenzone abgesiedelt, und die Dörfer höher gelegt. Die schwarzen Lavawüsten kleben als Pechzungen an den Flanken des Vulkans, Zungen, die die Sprache des Feuers sprechen und auch jetzt noch immer von Tod und Verderben erzählen.



Heroben am Kraterrand treiben die Monkeys ihr Unwesen und stellen den Utensilien der Wanderer nach. So „opfere“ ich beispielsweise meine Plastikwasserflasche einem Affenmännchen, das sich in seine Beute geschickt ein kleines Loch knabbert und dann gierig das kostbare Nass aussüffelt. Angesichts dieser einprägsamen Erlebnisse schließen wir diesen „Volcano light“ ins Herz und reihen ihn zu den anderen Vulkanbesteigungen, für die wir Feuer gefangen haben.

Mittwoch, 24. September 2014

Bali

In den Korallengärten Nordbalis

Welch ein Kontrast zu den letzten Tagen! Während wir  gestern, drüben auf Java, im Angesicht der feurigen Urgewalten, das lebendige Antlitz unserer Erde bestaunt haben, liegen wir heute geruhsam im Schatten eines Baumes, vor uns das Halbrund des schmalen, dunklen Sandstrandes von Pemuteran. Endlich haben wir das Meer erreicht, das uns nach den anstrengenden Tagen Ruhe und Erholung bringen soll.
Lustig rollen die weißen Wellenkämme dem glänzenden Sand zu, verfolgen einander in spielerischem Übermut und werfen sich zuletzt an den Strand, so, als gälte es, als Erster über die Ziellinie zu kommen. In der Tiefe setzt sich das muntere Treiben fort. Hier ist es die bunte Korallenwelt, die, wie ein angelegter Garten dem Sonnenlicht zuwächst. Kleine, blühende Schönheiten, wie Blumenbeete in rot und gelb gehen in das sperrige Geäst von Korallenbäumen über. Dort schwingen Anemonen, und inmitten dieses Parks tummeln sich lustige Kerlchen, ziehen Formationen von Uniformierten ihre Kreise, ducken sich scheue Einzelgänger und prahlen dick aufgeblasene Wichtigtuer. Hellblaue Seesterne spreizen die Beinchen, und die ganz großen Diven, in ihrem prachtvollen Festtagskleid, blicken überheblich aus den Fenstern ihrer Wohnhöhle heraus,  nicht bereit auszugehen und sich in ihrer ganzen Schönheit zu zeigen.



 











Hier, im Norden Balis, steckt der Tourismus noch in den Kinderschuhen, und es ist der Natur zu wünschen, dass dies auch noch länger so bleibt. Der Grund für unseren Aufenthalt hier ist die Insel Pulan Menjangan, die eines der schönsten Tauch- und Schnorchelreviere Indonesiens sein soll. Bereits in Pemuteran finden wir ein äußerst interessantes Riff, das völlig unversehrt ist. Die Einheimischen haben außerdem vor 15 Jahren Metallgestänge am Meeresgrund angebracht, um den Korallen Verankerungen für ihr Wachstum zu bieten. Die unterschiedlich geformten Gerüste sind nun bereits von einer so bunten Schar bevölkert, dass es eine Freude ist.  Wir sind von diesem Projekt sehr begeistern, denn hier scheint eine Verbindung von Naturschutz und Tourismus zu gelingen.

 











Nach einer halbstündigen Bootsfahrt erreicht man die Insel Pulau Menjangan, die Teil des einzigen Nationalparks von Bali ist. Über fünfhundert Fischarten tummeln sich hier in einem völlig intakten Saumriff und zeigen sich uns heute bei einer Sichtweite von 40 Metern klar und strahlend. Da es hier kaum Strömungen gibt, liegen wir faul wie ein Frosch, der alle Viere von sich streckt, im Wasser und lassen uns von einem Fischschwarm zum nächsten treiben.


Dienstag, 23. September 2014

In der Schwefelhölle des Ijen

Um halb eins in der Früh wecken wir unseren Fahrer, der im Auto einige wertvolle Stunden geschlafen hat. Ohne Murren bringt er uns nach Paltuding, wo schon jetzt, mitten in der Nacht der Teufel los ist. Unser Guide Surosso ist einer der Arbeiter, die hier unter schrecklichen Arbeitsbedingungen dem Vulkan das „gelbe Gold“ entreißen. Als Fremdenführer  verdient er an einer Tour mehr, als er für einen Tag Schwefelschürfen bekommt. Entsprechend gut aufgelegt ist er und will uns wirklich alles recht machen. Sofort wird mein Rucksack geschultert (für ihn muss er sich ja federleicht anfühlen, wenn man bedenkt, dass die befüllten Schwefelkörbe ca. 70 Kilo wiegen) und dann führt er die „Mama“ (das bin ich) an der Hand wie ein kleines Kind. Es könnte ja rutschig sein, oder vor mir könnte sich ein Abgrund auftun.


Als wir den Kraterrand in etwa 2300 Metern Seehöhe erreichen, erblicken wir erstmals ein geisterhaft blaues Leuchten weit unten in der Tiefe, das den Ort anzeigt, an dem der Schwefel glühend aus dem Krater fließt. Jetzt wird das Szenario absolut höllisch. Auf dem steilen Steig hinunter in den Krater kommen uns die ersten, schwer beladenen Arbeiter entgegen. Da der Weg nicht ganz ungefährlich ist, und die Männer genug damit zu tun haben, nicht zu straucheln, drücken wir uns jedes Mal in eine Nische, um sie nicht allzu sehr zu behindern. Wenn die Arbeiter auf dem Weg nach oben sind, ist immerhin der schwerste Teil ihrer Arbeit schon getan, denn dann haben sie die eben erst erstarrten, hellgelben Klumpen bereits der Schwefelquelle entnommen und das im wildesten Qualm aus Schwefeloxid. Dass diese Männer bei ihrer Arbeit in den meisten Fällen nicht älter als 40 Jahre alt werden, kann man sich gut vorstellen.


Als es draußen endlich hell wird, zeigt sich statt des blauen Leuchtens die quellende Wunde, aus der der Vulkan Gift und Galle speit. Ein kleines Stück weiter unten liegt der milchig grüne Kratersee, der sich im wilden Tanz der Schwefeldämpfe immer nur für kurze Augenblicke zeigt.



Nach unserem Ijenabenteuer sehen wir aus wie Aliens und riechen wie der Hölle entstiegene Monster. Noch nie haben wir eine Dusche so dringend notwendig gehabt!




Der Fischmarkt in Probolinggo

Markthalle

Auf dem Fischerboot

Na, wenn das kein Fang ist

Der Bromo - Wo sich Himmel und Hölle verbinden



Auch heute heißt es wieder früh aufstehen. Um halb drei brechen wir auf und wandern entlang der Abbruchkante hinüber zum Aussichtspunkt „Penanjakan“, der uns heute das Kalendermotiv vom Bromo und seinen rauchenden Brüdern bieten soll. Wir sind die ersten, die sich auf den Weg gemacht haben. Nur bellende Hunde, gackernde Hühner und ab und zu das Wiehern eines Pferdes, das schon bereitgemacht wird, die Touristen durch das Sandmeer zu tragen. Als der goldene Rand des ersten Tageslichts am Horizont erscheint, tauchen die gefurchten Kegel der Vulkane aus dem Dunkel auf. Die dünne Fahne des Semeru (3676m) ist die erste, die im Licht der Sonne errötet, schon lange bevor uns die Sonnenstrahlen erreichen. Im Vordergrund schmaucht der graue Aschekegel des Bromo vor sich hin und nimmt ein morgendliches Bad im Meer aus weißen Nebelschleiern. Als diese sich nach und nach heben, geben sie den Blick auf das Asche-Sandmeer frei, das dem Bromo seit seinem letzten Ausbruch zu Füßen liegt.



Der Krater öffnet sich vor unseren Augen wie ein alles verschlingender Trichter. Weiß wallt uns der schwefelige Wasserdampf entgegen, der sich der Gravitation der Tiefe entzieht und dabei dröhnt und faucht wie ein überdimensionaler Druckkochtopf.
Die Besucher werfen Blumen und Essensgaben in den Krater, in der Absicht, die Feuergottheit friedlich zu stimmen. Aber auch Geldscheine flattern im aufsteigenden Schwefelwind. In den fast senkrechten Wänden vollführen einige Männer halsbrecherische Kletteraktionen, um an die Opfergaben zu gelangen. Ein entwürdigendes Schauspiel! Ich bringe es nicht übers Herz, mein Blumensträußchen hinabzuwerfen, aus lauter Angst, einer der armen Bettelgestalten könnte beim Versuch, es zu erwischen, in den Abgrund stürzen. So lege ich es auf ein kleines Podest, in der Hoffnung, einer von ihnen werde es sich schon holen, um es dann wieder einem Besucher zu verkaufen. Es stellt sich allerdings heraus, dass dies einfach gar nicht geht. Ein zerlumptes Männchen klettert zu mir heraus und fordert mich auf, doch endlich meine Blumen in den Höllenschlund zu werfen. Wir sind und bleiben hier ganz einfach nur Fremde – Fremde, die vieles nicht erfassen können und vieles nicht verstehen. Ein Mensch, in der denkbar elendsten Lebenssituation, fordert mich auf, die Götter zu ehren und um ihren Beistand zu bitten. Der Bromokrater – ein Ort, an dem sich auf zweifache Art Himmel und Hölle verbinden:  im Krater, der seinen Schwefelatem hinauf in den Himmel schickt, und dann, im Blick des Mannes, der meine Blumen erst annehmen kann, wenn sie den Göttern geopfert sind.

Dienstag, 16. September 2014

Unsere ersten Feuerberge

Gunung Merapi / Dieng Plateau


Um eins in der Früh startet unsere Sunrise-Tour hinauf auf den gefährlichsten Vulkan Javas, den Gunung Merapi. Zuerst geht es steil durch Kasuarinenwälder hoch, hinter denen ein unglaublich klarer Sternenhimmel blinzelt. Wirklich heftig wird es erst, als wir die letzte Vegetation hinter uns lassen und in den Auswurfsbereich des Vulkans kommen. Unsere Schuhe füllen sich mit einer zentimeterdicken Einlage aus Pimskügelchen. Es macht keinen Sinn, sie auszuleeren, da sie im nächsten Augenblick sowieso gleich wieder voll sind. Unser Guide Achmed ist ein wahrer Schutzengel, in dessen Fußstapfen schreitend, wir den besten Weg in diesem unwegsamen Gelände finden. Auch wenn er kaum Englisch spricht, klappt die Verständigung  bestens. Kurz bevor wir das Aschemeer erreichen, rasten wir zu dritt in einer windgeschützten Höhle, wir haben bereits unsere Winterjacken, Hauben und Handschuhe angezogen. Andächtig bewundern wir den Südhimmel über uns, mit dem „Lindangluku“– dem hell leuchtenden Orion, und die schwarzen Konturen des Gunung Merbabu vor dem Lichtermeer des dicht besiedelten Tieflandes.
Im letzten Abschnitt bis zu dem Kraterrand in fast 3000 Metern Höhe lässt uns der Vulkan leiden. Asche nicht nur in den Schuhen, auch in unseren Lungen und Augen. Längst haben wir uns wie Astronauten vermummt und quälen uns im Gipfelsturm die Lavafelsen hoch. Der Horizont ist zu einer rotglühenden Linie geworden und um uns erheben sich, wie Geister aus einer anderen Welt, die schwarzen Kegel der Nachbarvulkane. Links und rechts faucht es aus kleinen Öffnungen, und der Feuergott haucht uns seinen übelriechenden Schwefelatem entgegen.
Dann sind wir oben! Ergriffenheit und Erschöpfung überkommen uns. Es gibt wohl nur wenige Augenblicke im Leben, in denen einem bewusst wird, das dies einer der ganz großen Momente ist. Wir hocken auf den senkrechten Wänden des 2010 eingestürzten Lavadoms und blicken in den rauchenden Höllenschlund hinunter. Vor uns erhebt sich majestätisch die über alles herrschende Feuergöttin Sonne. Senkrecht steigt sie empor und schickt fast augenblicklich das gleißende Licht des Tages auf die wüste Landschaft, die dem Vulkan zu Füßen liegt, so als wäre es ihr einziger Zweck, seiner Hoheit Ehrfurcht zu zollen. Dahinter, das Grünen der Ebene, ihre Kinder lockend in die Nähe des Vulkans, jetzt, da sein Zorn verflogen ist und er gemütlich vor sich hin qualmt, wie ein Großvater, der in der guten Stube seine Pfeife raucht.




Unweit des Merapi liegt das Dieng-Plateau (Di Hyang - "Zuflucht der Götter"), das der Krater eines längst erloschenen Vulkans ist. Es ist der passende Ort für die Verehrung Shivas, des kosmischen Zerstörers. Die Oberfläche des Farbensees leuchtet aufgrund der Schwefelverbindungen im Wasser, je nach Lichteinfall, in den unterschiedlichsten Blautönen. Heute ist der See ein Juwel in Türkis.